Der Landesbeauftragte widmet sich 2017 dem Thema „Flucht als Befreiung“. Wolf Biermann hatte kurz vor seiner Ausbürgerung 1976 verschiedene Formen der Flucht in bzw. aus der SED-Diktatur analysiert. Die markanteste Flucht war die gen Westen. Die erste Abstimmung mit den Füßen gab es schon kurz nach dem Krieg. Ein Teil der Thüringer Elite floh vor 70 Jahren vor politischer Verfolgung. Darunter auch der erste Ministerpräsident Rudolf Paul und die Alterspräsidentin der Beratenden Landesversammlung, Ricarda Huch, die schon 1945 Opfer der kommunistischen Zensur geworden war. Vor 40 Jahren gab es einen weiteren markanten Aderlass für Thüringen: Herausgetrieben wurden bedeutende Schriftsteller bzw. Künstler wie Reiner Kunze, Jürgen Fuchs, Hans Joachim Schädlich, Bernd Markowsky oder Doris Liebermann.
Auch viele Jugendliche versuchten dem Land der Perspektivlosigkeit zu entkommen. Dabei verlor u.a. Henri Weise aus Ranis das Leben. Andere wurden deshalb inhaftiert, und schließlich gegen Bezahlung durch die Bundesrepublik aus den Gefängnissen der DDR freigekauft. Der Kaufpreis für die Häftlinge wurde dabei seitens der DDR stetig erhöht.
Noch im letzten Jahr der DDR, 1989, flohen 76.000 Bürger teilweise Gesundheit und Leben riskierend, reisten aus oder wurden aus der Haft freigekauft. Trotz der nahezu unüberwindlichen Grenze und der Verfolgung jeden Versuches, das Land zu verlassen, entstand vor 40 Jahren eine Ausreisebewegung, die letztlich in die Friedliche Revolution mündete. Heute leben jene Thüringer dieser Ausreisebewegung weit verstreut in der Welt. Sie sind Softwareentwickler in den USA oder Kunsthistoriker in den Niederladen, Bauern in Portugal oder Italien, Studienräte im Saarland oder Physikprofessoren in Bayern. Ihre Befreiung wurde oft zum Lebensthema und ihre Erfahrungen gehören zu Thüringen. Über verschiedene Medien und Veranstaltungen werden sie 2017 thematisch und persönlich in die Thüringer Heimat zurückkehren.