Die Sonderausstellung „DURCHGANG – Stimmen/ Spuren/ Schritte aus dem Durchgangsheim Schmiedefeld“, konzipiert von Manfred May, ist ab heute bis zum 21. Januar 2019 in der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt zu sehen.
Das Durchgangsheim Schmiedefeld bei Neuhaus war das zentrale Durchgangsheim des Bezirkes Suhl, das von 1974 bis 1987 bestand. Etwa 1.500 Kinder und Jugendliche waren dort zwischen einem Tag oder mehreren Monaten untergebracht. In der DDR waren Durchgangsheime für Kinder und Jugendliche häufig eine leidvolle Tortur. Sie dienten im DDR-Jugendhilfe-System zur kurzzeitigen Unterbringung der Heimkinder, bis diese meist in ein Spezialkinderheim oder einen Jugendwerkhof kamen. Das jüngste Kind war bei seiner Einweisung 7 Jahre alt. Die meisten wurden im Alter zwischen 13 und 17 Jahren im Durchgangsheim untergebracht. Die Einweisung erfolgte über die Referate Jugendhilfe/ Heimerziehung bei den Räten der Kreise des Bezirkes Suhl, über die Volkspolizei, das Ministerium für Staatssicherheit und andere Heime.
Die meisten der Kinder und Jugendlichen stammten aus dem ehemaligen Bezirk Suhl; andere wurden im Bezirk Suhl bei Fluchten aus dem Elternhaus oder aus anderen Einrichtungen der DDR-Jugendhilfe aufgegriffen, viele unter dem Verdacht, die DDR illegal verlassen zu wollen.
Viele der Kinder und Jugendlichen erfuhren im Durchgangsheim Schmiedefeld psychische und physische Gewalt. Auch im Ort hinterließ das Heim seine Zeichen: umgeben war es von einem hohen Zaun mit Stacheldraht-Übersteigschutz, die Fenster waren vergittert, nachts wurden die Insassen eingeschlossen. Ein streng reglementierter Tagesablauf mit unablässigen Kontrollen bestimmte das Leben der Kinder: Sie arbeiteten für die volkseigenen Betriebe in Lauscha und Schmiedefeld und stellten Christbaumschmuck und Elektroarmaturen her; hierbei mussten sie strenge Normen erfüllen.
Viele Zeitzeugen erinnern sich an eine einschneidende Erfahrung im Durchgangsheim: ihre Isolierung in der Zelle unmittelbar nach ihrer Ankunft. Beabsichtigt war, eine Schockwirkung bei den Kindern und Jugendlichen hervorzurufen; Assoziationen zu Gefängnis, auch KZ, sind für die Kinder zwangsläufig und plausibel. Es gab drei (Arrest-)Zellen in Schmiedefeld.
Umso bemerkenswerter ist es, in welcher Weise einige der ehemaligen „Zöglinge“ im Abstand von Jahrzehnten für sich Wege gefunden haben, sich auseinanderzusetzen mit dem unausweichlich einsetzenden Druck der Erinnerung. In ihre Heimbiografie ist der Aufenthalt im Durchgangsheim als ganz spezifische und prägende Erfahrung eingebettet. Künstlerische Äußerungen lassen unseren Blick zu, auf gegenwärtiges Leben, in dem die Erinnerung ständig präsent ist und der doch mit großer Anstrengung getrotzt wird. Das Durchgangsheim ist zu einer DURCHGANGserfahrung geworden. Die Mitteilungen über diesen Prozess sind so überzeugend wie erschütternd.