In seinem spannenden gestrigen Vortrag im Erfurter Collegium Maius erläuterte Dr. Christian Booß (Projektkoordinator beim BStU), in welcher Form das MfS Tod und Todesursache von Flüchtlingen an der Deutsch-Deutschen Grenze vertuschte.
Diesbezüglich wurde der DDR-Geheimdienst besonders ab den 1970er Jahren aktiv. Denn mit zunehmender internationaler Anerkennung konnte das SED-Regime die erschossenen Flüchtlinge an der Berliner Mauer und der Deutsch-Deutschen Grenze kaum noch rechtfertigen. Folglich verschleierte die Stasi Todesfälle an der innerdeutschen Grenze so weit wie möglich, um die Schädigung des Ansehens der DDR zu minimieren.
In einigen Fällen wurde der Tod von Menschen gänzlich verschwiegen, in anderen die tatsächliche Todesursache verleugnet. Angehörige wurden seitens des MfS in dem Glauben gelassen, die Opfer seien etwa selbstverschuldet tödlich verunglückt und beispielsweise im Grenzgewässer ertunken.
Mehr noch: Der DDR-Geheimdienst konstruierte auch ganze Verbrechensszenarien, wie etwa im Fall von Horst Einsiedel.
Bei seinem Fluchtversuch an der Berliner Mauer wird der Ost-Berliner am 15. März 1973 von DDR-Grenzposten erschossen; er stirbt noch im Todesstreifen. Das SED-Regime will Schlagzeilen und Proteste aus dem Westen vermeiden, Grundlagenvertrag und UNO-Beitritt sind im März 1973 schließlich in greifbarer Nähe.
Mit großem Aufwand täuscht das MfS die Angehörigen: Horst Einsiedel sei Opfer eines Gewaltverbrechens geworden, seinen leeren PKW habe man in einem Wald gefunden. Zur Untermauerung fälschte die Stasi ein Beweismittelfoto, das Einsiedels Trabant in einem Waldstück umgeben von Bäumen zeigt. Die wahre Todesursache erfährt die Familie erst nach der Wiedervereinigung im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen.
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