4. August 1961: Landwirt Hermann Fink und sein Sohn Willi werden aus der DDR zwangsausgewiesen; genauer wurden Vater und Sohn mit Fußtritten über den Zehnmeterstreifen der Grenze bei Geisa in die Bundesrepublik getrieben - ein zu jener Zeit einmaliger Fall, der atypisch zur seinerzeitigen Entwicklung und dem bevorstehenden Mauerbau war. Ein Fall, der nicht geheimgehalten, sondern von der SED propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Was war geschehen?
Die Kollektivierung der Landwirtschaft war 1961 weitgehend abgeschlossen. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Landwirte der DDR in Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPGs) gezwungen worden. Viele hatten sich dieser Entwicklung entgegengestellt, rund 8.000 Schauprozesse wurden gegen Landwirte geführt und über 15.000 Bauern flüchteten nach Westdeutschland.
Hermann Fink blieb in seinem Heimatort Kranlucken (Rhön) und protestierte offen gegen die Zwangskollektivierung. Er erklärte schriftlich seinen Austritt aus der LPG. Seinem Beispiel folgten schließlich zahlreiche Bauern in der Umgebung. Trotz verstärktem Drucks zogen nur wenige ihre legalen Austrittsgesuche zurück. Die SED wollte nun ein Exempel statuieren.

Auf Beschluss des Büros der Bezirksleitung der SED des Bezirks Suhl wurden Hermann Fink und sein Sohn am 3. August 1961 verhaftet und am 4. August in die Bundesrepublik abgeschoben.
Es folgte eine DDR-weite Diffamierungs- und Verleumdungskampagne gegen die Familie Fink. "Schmutzfinken dorthin befördert, wo sie hingehören" hieß es etwa auf Flugblättern. Die Medien sprachen von "Handlangern der Bonner Imperialisten" die über die Staatsgrenze verjagt worden waren (siehe Artikel aus "Neues Deutschland" vom 5. August 1961 rechts). Die Botschaft bzw. Drohung, die hinter der Aktion steckte: Wer sich nicht der Kollektivierung in LPGs anschließt, verliert Haus und Hof, wird seiner Heimat beraubt. Ein Weg, den die Besatzungsmacht und die SED mit den sogenannten Kreisverweisen und den Zwangsaussiedlungen seit 1945 gegangen war (mehr zu dem Thema finden Sie hier).
Die Ehefrau von Hermann Fink und zwei weitere Kinder wurden schließlich im Zuge der Aktion "Blümchen" zwei Monate später (am 3. Oktober 1961) zwangsumgesiedelt. Erst drei Jahre später konnte die Ehefrau - nach zahlreichen Hindernissen - im Rahmen der Familienzusammenführung nach Westdeutschland ausreisen.
Einen zeitgenösschen Artikel zu dem Fall Fink aus "Der Spiegel" vom 16.08.1961 finden Sie hier.
Nachtrag: Artikel zum 55 Jahrestag der Vertreibung in der Fuldaer Zeitung am 12.08.2016