Seit Ende der DDR sind die Medikamentenprüfungen, die bundesdeutsche Pharmaunternehmen in der DDR durchführen ließen, ein öffentliches Thema.
Nach der Sendung „Tests und Tode“ im MDR (03.12.2012, 23:30 Uhr: Tests und Tote, 45 min, Regie: Stefan Hoge, Carsten Opitz, Hannes Schuler) gab es jedoch öffentliche Empörungen, in deren Folge Politik und Forschung sich dem Thema annahmen (vgl. Tätigkeitsbericht ThLA vom März 2015, Abschnitt 4.5). Die damalige Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Hildigund Neubert, beauftragte den Medizinhistoriker Dr. med. Rainer Enrices im Bundesarchiv Recherchen zu diesem Thema durchzuführen. Nach seinen Erkenntnissen wurden in den Jahren 1983 - 1990 mindestens 34 Studien am Klinikum der Friederich-Schiller-Universität und anderen Kliniken durchgeführt. Damit stand das Thema auf der Tagesordnung: Hat das SED-Regime zum Zwecke der Devisenbeschaffung Menschen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt und hatte sich die Pharmaindustrie die Respektierung des Patientenwillens dokumentieren lassen? (PM der Konferenz der Landesbeauftragten „Verlauf und Erfolg der Medikamententest an DDR-Bürgern müssen gründlich und flächendeckend aufgeklärt werden“ vom 29. April 2013). Im Mai 2013 befasste sich der Thüringer Landtag mit diesen Fragen (Aktuelle Stunde am 23.05.2013) und beschloss einstimmig u. a.: „Die Landesregierung wird gebeten, die Thüringer Kliniken aufzufordern, die Existenz relevanter Unterlagen zu prüfen, diese zu sichern und dafür Sorge zu tragen, dass die Unterlagen den mit der Aufarbeitung befassten Institutionen zur Verfügung gestellt werden, die seinerzeit verantwortlichen Pharmafirmen und deren Rechtsnachfolger in die Aufklärungsarbeit einzubinden sowie sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die zur Aufklärung zur Verfügung gestellten Bundesmittel auch zur Aufarbeitung in Thüringen genutzt werden können.“ (Drucksache 5/6124). Es wurde eine „Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung Medikamententests an Patienten der ehemaligen DDR am Universitätsklinikum Jena“ gegründet. Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Klaus Höffken führte am Beispiel von drei Arneimitteltestreihen eine Pilotstudie durchführen, um ein Verfahren zur Findung von Pharmastudiendaten zu erarbeiten. Der Bericht wurde im Oktober 2013 vorgelegt.
Die klinische Prüfung von Arzneimittel und Technik war zu Ende der DDR eine „tragende Säule“ der Devisenbeschaffung, obwohl dies nur „im ausgewählten und geringen Umfang“ erfolgen sollte, damit die DDR nicht „zum Versuchsfeld westdeutscher und amerikanischer Arzneimittelkonzerne wird“ (so IM-Bericht, zitiert in: Medizinethik in der DDR, S. 20).
Im Juni 2013 wurde eine weiteres Forschungsprojekt gestartet. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Klinische Arzneimittelforschung in der DDR, 1961-1989“ wurden am 15. März 2016 vorgestellt (http://medizingeschichte.charite.de/forschung/arzneimittelforschung_in_der_ddr/). Das umfangreiche Projekt wurde unter anderem von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und vom Bund gefördert. Es wurden über 300 Medikamentenstudien, die im Auftrag westlicher Firmen in Kliniken der DDR zwischen 1980 und 1990 erstellt worden, untersucht. Es gab über 450 gut dokumentierte Testreihen. Volker Hess sagte bei der Präsentation der Ergebnisse, die Pharmaindustrie hat „sich die totalitären Strukturen der Diktatur zunutze gemacht“, deshalb wurden viele Testserien in der DDR durchgeführt [am 16.03. nachgetragen].
Medikamententests in der DDR | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/panorama/medikamententests-in-der-ddr-id11656802.html#plx1952914113
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Rainer Erices, Andreas Frewer und Antje Gunz kamen 2015 in Auseinandersetzung mit der öffentlichen Debatte um die Pharmatest und den inzwischen erhobenen Daten zu dem Ergebnis, das eine Skandalisierung nicht gerechtfertigt war. (Andreas Frewer / Rainer Erices (Hg.), Medizinethik in der DDR, Stuttgart 2015 - Buchbesprechung) und Rainer Erices Artikelreihe zur DDR-Medizinethik im Deutschen Ärzteblatt