Am 17. und 18. Mai kamen zum 23. Bundeskongress in Berlin 170 Akteure zusammen, um sich über Gegenwart und Zukunft der Verfolgtenverbände und Aufarbeitungsinitiativen auszutauschen. Der Kongress wird jährlich von den Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zusammen mit den Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen ausgerichtet.
Die Veranstalter begrüßten ausdrücklich den Beschluss des Bundeskabinetts, die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze zu entfristen. Erst dadurch wird es Betroffenen des SED-Unrechts möglich, Anträge auf Rehabilitierung auch über das Jahr 2019 hinaus zu stellen. Auch das Anliegen, die Rehabilitierung ehemaliger Heimkinder zu erleichtern, gehe in die richtige Richtung. Doch sind die vorgeschlagenen Lösungen nicht ausreichend. Um Gerechtigkeitslücken zu schließen, müssten weitere Opfergruppen berücksichtigt werden, zum Beispiel verfolgte Schülerinnen und Schüler.
„Ich freue mich, dass die Entfristung beschlossen wurde. Gleichwohl bleibt es Aufgabe, die soziale Lage von bedürftigen Opfern der SED-Diktatur zu verbessern. Bisher weniger oder kaum berücksichtigte Betroffenengruppen müssen ihre Ansprüche einfacher durchsetzen können“, erklärte der Thüringer Landesbeauftragte Dr. Peter Wurschi in diesem Zusammenhang.
Zur Eröffnung des Bundeskongresses würdigte die Berliner Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli, die „immense Bedeutung“ der Opfer- und Aufarbeitungsinitiativen bis heute: „Diese Verbände leisteten von Anfang an eine unverzichtbare Aufklärungsarbeit als Anlaufstelle, als Interessenvertretung und starke Stimme der Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft.“ Viele der aus den demokratischen Umwälzungen in der DDR hervorgegangenen Aufarbeitungsinitiativen seien inzwischen weltweit angesehene Einrichtungen, „die Menschen auch der jüngeren Generation sehr anschaulich zeigen, was Kalter Krieg, kommunistische Diktatur und Unterdrückung bedeuteten“.
Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Präsidentin der einzigen frei gewählten Volkskammer und Bundesministerin a. D., erinnerte in ihrem Festvortrag daran, dass zivilgesellschaftliches Handeln in der DDR immer mit der Gefahr einhergegangen sei, inhaftiert oder staatlich verfolgt zu werden. Zugleich betonte sie: „Eine funktionierende Zivilgesellschaft ist bis heute Seismograph politischer Entwicklungen. Sie warnt, mahnt, berät, bringt sich ein, macht Vorschläge oder ermöglicht die Diskussion. Es kann nur im ureigenen Interesse der Demokratie sein, diese Zivilgesellschaft zu stärken.“
Mit einer Gedenkveranstaltung in Teltow an der Gedenkstele für Klaus Garten, der 1965 bei einem Fluchtversuch von einem DDR-Grenzposten an der Berliner Mauer erschossen wurde, endete der Bundeskongress. (Fotos: Matthias Stange)